Skip to content

Polarlichter in Schweden

Tipps, Unterkünfte & beste Reisezeit

Gastbeitrag von Bernadette Olderdissen

Schwedisch-Lappland ist ein Paradies für Polarlichtjäger. Die Autorin Bernadette Olderdissen verrät dir alles über die besten Orte und Zeiten um Polarlichter in Schweden zu entdecken, spannende Mythen und Geschichten, sowie praktische Tipps für ein unvergessliches Abenteuer. Vom berühmten Abisko über das einzigartige Sápmi Nature Camp bis hin zu im wahrsten Sinne coolen Insidertipps – lass dich von Schwedens magischer Welt der Himmelsphänomene verzaubern!

Polarlicht in Schweden © Asaf Kliger_imagebank.sweden.se

Im Norden von Schweden liegt der beste Ort der Welt, um Polarlichter zu sehen, das Dorf Abisko.“ Das behaupteten nicht etwa die Schweden selbst, sondern die Japaner. Angeblich verriet ein Japaner namens Hirohisa Makino nämlich im Jahr 2002, dass Abisko in Japan längst als Hotspot zur Polarlicht-Beobachtung bekannt sei, was den rund hundert im Dorf lebenden Menschen gar nicht bewusst war. Sie wunderten sich lediglich über die vielen japanischen Wintertouristen im Dorf. Dieses liegt rund 40 Kilometer von der norwegischen Grenze entfernt und ist umgeben von wilder Natur: dem 7700 Hektar großen Abisko Nationalpark, wo Schwedens bekanntester Fernwanderweg „Kungsleden“ beginnt; und dem Torneträsk, der sechstgrößte See im Land.

Allerdings schafften es die Japaner, die Schweden in Abisko und Umgebung mit ihrer Polarlicht-Begeisterung anzustecken. Schnell bauten sie auf Abiskos 900 Meter hohem Hausberg Nuolja die sogenannte Aurora Sky Station mitsamt Sessellift zum Dorf, die 2007 eröffnete. Das Motto übernahmen sie von den Japanern: „Der beste Ort der Welt, um Polarlichter zu erleben.“ Ob dies stimmt oder nicht, dürfen Besucher selbst entscheiden, doch eins steht fest: Die Aurora Sky Station erfüllt alle Voraussetzungen für ein einmaliges Polarlicht-Erlebnis.

Sie liegt auf dem 68. Breitengrad inmitten der „Aurora-Zone“ (man sagt, je nördlicher, desto besser) und abseits aller Lichtverschmutzung. Wer sich etwas Einmaliges oder vielmehr besonders Romantisches gönnen möchte, kann in den Wintermonaten sogar ein „Northern Lights Dinner“ mit lokalen Spezialitäten auf der Sky Station buchen. Zum Dinner tanzen dann mit etwas Glück die Polarlichter über Lapporten – einem tief eingeschnittenen Tal zwischen zwei Bergen, das als Wahrzeichen Schwedisch-Lapplands gilt und dessen wohl meist fotografiertes Motiv ist.

Polarlicht Beobachtungsstation in Schwedisch-Lappland.
Die Aurora Sky Station in Abisko ist einer der besten Orte für die Polarlichtbeobachtung. © Lola Akinmade Åkerström – imagebank.sweden.se

Crash-Kurs in Sachen Polarlicht-Chemie

Auf der Abisko Sky Station gibt es nicht nur leckeres Essen, sondern auch eine spannende Polarlicht-Präsentation. Wer gut zuhört, ist danach um einiges Aurora-Wissen schlauer und weiß zum Beispiel, dass Polarlichter durch elektrisch geladene, von der Sonne ausgehende Partikel entstehen (oder Sonnenwinde). Die wiederum treffen auf Atome und Moleküle aus Sauerstoff und Stickstoff in der Erdatmosphäre und verursachen dadurch an den Polen das besondere „Polarlicht“. Man kann sich jedes chemische Element – salopp gesagt – wie einen Maler mit eigener Farbe vorstellen. Niedrig liegender Sauerstoff sorgt für die Farbe Grün, höher liegender Sauerstoff malt mit Rot und Stickstoff mit Lila. Genauso faszinierend wie die Erklärungen zur Polarlichter-Farbauswahl sind auch die Mythen rund um das Himmelsschauspiel.   

Märchenstunde zu Schwedens Polarlichtmythen

Kaum haben wir begriffen, wie Polarlichter überhaupt entstehen, geht es weiter mit Legenden aus dem Norden Schwedens. Die Samen, die Urbevölkerung Nordeuropas, glaubten angeblich lange Zeit, bei Polarlichtern handele es sich um die Seelen Verstorbener. Sie ermahnten ihre Kinder, niemals auf die am Himmel tanzenden Lichter zu zeigen, denn dann konnten die Seelen böse werden und jeden, der auf sie deutete, ins Jenseits ziehen. Manch einer munkelt allerdings, das sei nur eine Taktik gewesen, um die Kinder früh ins Bett zu bekommen. Singen und Tanzen unterm Polarlicht war ebenfalls verboten, denn das hätte die Seelen verspottet und verärgert.

Damit nicht genug: Auch die Wikinger hatten eine recht spirituelle Sicht auf Polarlichter. Sie glaubten nämlich, das tanzende Licht am Himmel seien Walküren – in der nordischen Mythologie sogenannte „Schildjungfern“, die über den Erfolg von Kriegern bestimmten. War ein Krieger gefallen, näherten sich die Walküren laut Mythos als Polarlicht, um den Toten nach Walhall mitzunehmen, zum Gott Odin und zur letzten Ruhe.  

Samische Frau in traditioneller Kleidung hält Rentier an der Leine.
Die Samen glaubten lange Zeit, Polarlichter seien die Seelen Verstorbener. © Anna Öhlund – imagebank.sweden.se

Unabhängig davon, ob Polarlichter deiner Meinung nach durch Chemie entstehen, Seelen, Walküren oder etwas ganz anderes sind – Abisko mag der bekannteste Ort in Schweden sein, um sie zu sichten, aber er ist garantiert nicht der einzige. Und: Du musst auch nicht zwingend mit fünf Schichten Kleidung bei minus 20 Grad im Tiefschnee stehen. Denn entgegen der häufigen Annahme, Polarlichter seien ein reines Winter-Phänomen, gibt es sie tatsächlich das ganze Jahr über. Die Chance, sie zu sehen, besteht prinzipiell immer dann, wenn es am nordischen Himmel dunkel genug ist (natürlich in Verbindung mit starken Sonnenwinden). Also nicht während der Sommermonate mit Mitternachtssonne oder einer nur kurz hinterm Horizont ab- und sogleich wieder auftauchenden Sonne. Dunkel genug ist es aber zwischen September und Ende März oder Anfang April.

Wer in Nordschweden lebt, weiß: Oftmals tanzt es im Herbst und Frühjahr sogar öfter am Himmel als mitten im Winter! Gerade, wenn Seen, Flüsse und der Bottnische Meerbusen im Herbst noch nicht zugefroren sind, zeigt sich oftmals ein Spektakel aus Polarlichtern, die sich im Wasser spiegeln. Das lässt sich zum Beispiel an Seen wie dem Torneträsk in Abisko und den vielen Seen rund um Arjeplog erleben, aber auch südlich des Polarkreises an der Küste Schwedisch-Lapplands, zwischen Haparanda an der finnischen Grenze und Luleå (Hauptstadt von Schwedens nördlichster Region Norrbotten). Selbst in den Provinzen südlich davon kann man in den genannten Monaten regelmäßig Polarlichter beobachten. Wichtig ist nur, dass du dich für die abendliche oder nächtliche Polarlichttour weit genug von den Städten entfernst, um einen klaren Himmel ohne künstlichen Lichteinfluss zu genießen.

Schlafzimmer aus Eis im Eishotel von Jukkasjärvi. © Asaf Kliger -Icehotel - imagebank.sweden.se

Ice Hotel in Jukkasjärvi

Nicht weit von Kiruna, in dem Dorf Jukkasjärvi, befindet sich eine der – vor allem im Winter – wichtigsten Attraktionen Nordschwedens: das Ice Hotel, dessen aufwendige Zimmer und Suiten jeden Winter neu von Künstlern aus dem Eis des benachbarten Flusses, Torne älv, erschaffen werden. Dort kannst du bei minus fünf bis minus acht Grad übernachten, und nicht nur das: Rund um das Ice Hotel gibt es vor allem Natur und kaum Lichtverschmutzung, sodass auch dort die Wahrscheinlichkeit, Polarlichter zu sichten, groß ist. Du kannst dich zum Beispiel auf den zugefrorenen Fluss stellen, um sie von dort aus zu bestaunen.

Sápmi Nature Camp

Eine besonders eindrucksvolle Erfahrung, bei der du tief in die Welt der samischen Mythen rund um die Polarlichter eintauchen kannst, ist ein Aufenthalt im Sápmi Nature Camp. Das Camp liegt abgeschieden mitten in der unberührten Natur, und die genauen Koordinaten werden nur denjenigen mitgeteilt, die eine Übernachtung buchen. Hier schläfst du in traditionellen, aber beheizbaren Zelten, die eine perfekte Mischung aus Komfort und Authentizität bieten – und bestenfalls natürlich auch tanzende Polarlichter am Nachthimmel.

Traditionelle samische Zelte im Sápmi Nature Camp ©Lennart Pittja-Sápmi Nature-imagesbank.sweden.se
Baumhaus aus Glas in der Nähe von Luleå © imagebank/visitsweden.de -Lola Akinmade Åkerström

Luleå

Die urige Stadt Luleå liegt im Südosten Lapplands und nur rund 130 km von der finnischen Grenze entfernt. Luleå verspricht eine Reihe von unvergesslichen Erlebnissen, von der Erkundung der Kirchenstadt Gammelstad bis hin zu aufregenden Outdoor-Abenteuern. Rund eine Autostunde von Luleå entfernt, hast du die Möglichkeit in einem Baumhaus zu schlafen: Das Treehotel in Harads ist in einem kleinen Waldstück gelegen, alle Baumhäuser sind in ihrer Gestaltung einzigartig und bieten einen einmaligen Ausblick auf die Schneelandschaft und tanzende Polarlichter.

Umeå

Wie bereits erwähnt, eignen sich die nördlichsten Breitengrade am besten, um Polarlichter in Schweden zu sichten, doch auch südlich des Polarkreises zeigt sich der Himmel in Nordschweden in dunklen Nächten oftmals tanzfreudig. Eine äußerst fotogene Kulisse dafür bieten unter anderem die Stromschnellen Kukkolaforsen am Fluss Torne älv, der eine natürliche Grenze zwischen Schweden und Finnland bildet. Vom dortigen Ufer, wo auch ein Hotel und gemütliche Hütten stehen, erlebst du Polarlichter, die am Himmel zwischen beiden Ländern tanzen.

Einige Kilometer weiter nördlich, in der erst vor wenigen Jahren eröffneten Lapland View Lodge auf dem Luppioberget, fühlt man sich den Polarlichtern zum Greifen nahe. Die verglasten Villen mit Blick über Wälder und den Torne älv bis rüber nach Finnland liegen nämlich auf knapp 200 Metern Höhe und es gibt nichts, was dort den Himmelsblick trüben könnte.

Weiter westlich, in dem Städtchen Kalix am Fluss Kalix älven, gibt es die Polarlicht-Show unter anderem am Herrenhaus-Hotel Filipsborg, vielleicht beim Eisbad im Fluss – in bequemen „Überlebensanzügen“, sodass du nicht einmal frieren musst und auf dem Rücken gleitend in den Himmel schaust. Außerdem kannst du vom Hotel organisierte Polarlicht-Touren in die Umgebung mitmachen.

Polarlicht in Schweden über einem See.
Auch südlich des Polarkreises kannst du in Schweden Polarlichter entdecken.

Wenn du deine Reise zu den Polarlichtern in den Wintermonaten unternehmen möchtest, bekommst du einen Insidertipp der Autorin: Geh an einem Abend oder in einer Nacht mit großer Polarlicht-Wahrscheinlichkeit ein Stück weit auf die zugefrorene Ostsee hinaus – dort, wo es laut Lokalbevölkerung bereits sicher ist und auch Schneemobile übers Eis fahren! – und leg dich in deinem dicken Winteroutfit aufs Eis, um in den Himmel zu schauen. Dies ist vielerorts in den Küstendörfern rund um Haparanda, Kalix und auch Luleå möglich, soweit die Lichter der Stadt weit genug entfernt sind. Das Gefühl, auf dem zugefrorenen Meer zu liegen, teils die Wellen von unten „anklopfen“ zu hören und bei ansonsten absoluter Stille das Polarlicht tanzen zu sehen, ist nicht in Worte zu kleiden, sondern muss erlebt werden!

Und noch ein Hinweis zum Schluss: Es ist durchaus hilfreich, sich eine Polarlicht-App wie „Aurora“ aus dem App-Store des Mobiltelefons herunterzuladen, und diese Apps geben auch mit einiger Zuverlässigkeit gewisse Tendenzen der erwarteten Sonnenwinde bekannt. Jedoch kommt es immer wieder vor, dass „Rot“ für besonders hohe Aktivität angekündigt wird, der Himmel jedoch die ganze Nacht über Schwarz bleibt. Dann wiederum herrscht in der App „Grün“ für geringe Polarlicht-Chancen, doch plötzlich stiehlt sich Aurora in schönsten Farben vorm Fenster vorbei. Es lohnt sich also stets, nicht nur auf die Technik zu vertrauen, sondern an klaren Abenden und Nächten öfters rauszuschauen. Und schlimmstenfalls sind dort einfach nur Milliarden von Sternen oder Sternschnuppen zu sehen.

Über die Autorin

Bernadette Olderdissen ist eine freie Reisejournalistin und Schriftstellerin. Sie verfolgt in ihren beiden Heimaten Hamburg und Båtskärsnäs in Schwedisch-Lappland ihre drei beständigen Ziele: das Schreiben, das Leben am Meer und das Reisen. Für die Recherche zu ihrem Buch „Acht Jahreszeiten – Leben im Takt der Natur“ zog sie im Januar 2022  für ein Jahr in die Arktis, nach Schwedisch-Lappland, um alle acht Jahreszeiten (nach samischem Kalender) mitzuerleben. Nun ist sie eine richtige Schwedisch-Lappland Expertin.