Ostsee-Rundreise mit Finnlines
Reisebericht von Peter Pauls
Von Travemünde nach Helsinki, über die malerischen Åland-Inseln nach Stockholm und weiter bis nach Südschweden: Entlang der Ostseeküste wartet eine Reise voller Kontraste – von pulsierenden Metropolen bis zur idyllischen Natur.
Journalist Peter Pauls hat mit seiner Frau Ulla eine Ostsee Rundreise unternommen und seine Erfahrungen und Tipps in einem spannenden Reisebericht festgehalten.
Travemünde – Start und Ziel der Ostsee Rundreise
Bereits der Blick aufs offene Meer hat eine beruhigende Wirkung. Wie groß mag sie erst sein, wenn man ganz von Wasser umgeben ist. Das höchste Sonnendeck unserer Fähre ist der Hubschrauberlandeplatz. Von hier oben sehen wir auf unserem Weg in die finnische Hauptstadt Helsinki häufig nichts als Wasser, wenn wir uns um die eigene Achse drehen. Die Sonne scheint, der Wind spielt in unseren Haaren. Hin und wieder begegnen wir anderen Schiffen, die wir durch das große Bullauge mit dem Fernglas verfolgen. Die etwa 30-stündige Seefahrt, die nachts im deutschen Travemünde begann, entschleunigt auch hektische Zeitgenossen.
Entspannt kommen wir nach dem Frühstück in einem Vorort Helsinkis an, der nächsten Station unserer Reise rund um die Ostsee. Das Meer spielt in unserer Planung eine zentrale Rolle. Mit der Fähre wollen wir von Naantali auf dem finnischen Festland weiter auf die Åland-Inseln, die noch Staatsgebiet sind. Von dort geht es – wieder mit dem Schiff – nach Schweden, wo wir die Hauptstadt Stockholm besuchen und langsam mit dem Auto Richtung Malmö im Süden fahren. Wieder mit der Fähre geht es von dort zurück nach Travemünde in Deutschland.
Helsinki – Finnlands faszinierende Hauptstadt
In Helsinki lässt man das Auto besser stehen. Der öffentliche Nahverkehr ist gut ausgebaut, Parkplätze rar. Wer es unkompliziert mag, nimmt eine Hütte auf dem Rastila Campingplatz kurz nach dem Fähranleger. Dann ist man bereits am Meer, lässt den Pkw dort und fährt mit der S-Bahn in die Stadt.
Lachs, Rentier oder Fischsuppe
Unser Appartment liegt nahe der „Hakaniemi“ Markthalle, etwas außerhalb des Zentrums. Hier sind vornehmlich einheimische Kunden auf der Suche nach typisch nordischen Delikatessen zu finden. Vor Ort isst man an kleinen Tischen Lachs mit roten Pfefferkörnern auf traditionellem Roggenbrot, kostet Rentier oder finnische Fischsuppe. Draußen, auf dem Marktplatz, trinkt man in Zelten den traditionellen, hell gerösteten finnischen Kaffee. Dazu gibt es köstlich duftenden Hefezopf. Manchmal trägt auch ein Sänger mit müder Gestik schwermütige Lieder zur Akkordeon-Musik vor.
Festungsinsel Suomenlinna
Der Markplatz liegt direkt am Meer. Das wirkt, als würden Besucher mit weit geöffneten Armen von der „Tochter der Ostsee“ empfangen, wie Helsinkis Beiname lautet. Von hier fahren wir mit einer Fähre des öffentlichen Nahverkehrs auf die Festungsinsel Suomenlinna. Tickets kann man direkt an der Ablegestelle kaufen. Entweder man kauft sich ein Tagesticket für ganz Helsinki oder nur für die Fahr nach Suomenlinna. Die faszinierende Insel sollte früher Angreifer von der Meerseite abwehren. Heute findet man hier Künstler, freundliche Cafes wie das Café Silo mit seinen legendären Zimtschnecken, den „Korvapuusti“. Wir suchen eine ruhige Ecke, um aufs Meer zu schauen oder darin zu schwimmen. Ein besonderer Tipp: In der Villa Silo kann man auch in historischem Ambiente übernachten.
Auf dem Rückweg durch Helsinki genießen wir das Stadtpanorama. Entlang der Edel-Meile Esplanade sind finnische Traditionsmarken aufgereiht, wenige Schritte weiter im Zentrum trendige Läden. Einen Besuch wert ist die Zentralbibliothek Oodi, die gleichzeitig Kulturzentrum und großzügiger sozialer Treffpunkt in einer Stadt ist, deren Wohnraum immer noch knapp und teuer ist.
Åland – Inselidylle in der Ostsee
Auf der früh-morgendlichen Überfahrt auf die Åland-Inseln, unserer dritten Station, bildet die Natur eine spektakuläre Kulisse. Der Wind kräuselt das stahlblaue Meer, das überspannt von einem wolkenmarmorierten Himmel ist, der sich dämpfend vor die Sonne gelegt hat und unregelmäßig blauen Tupfern Raum gibt. Segelschiffe in jeder Größe begleiten die Fähre, die durch die Welt der Schären fährt, kleiner und größerer Felseninseln. Hat man sich in seine Kabine zurückgezogen, gleitet vor dem Bullauge die einzigartige Küstenlandschaft wie auf einem Bildschirm vorbei. Man kann sich kaum daran sattsehen.
Åland für Beginner
Formal gehören die Åland-Inseln zu Finnland. Aber gesprochen wird schwedisch. Was gilt? „Im Eishockey sind wir für Finnland“, sagt der Ålander Martin Cromwell-Morgan, als beseitige das auch den letzten Zweifel. Seine Frau, die Sommelière Ella Grissner-Morgan, hat den Finnen in Fernsehshows den Wein als Genussmittel nahegebracht. Das Ehepaar betreibt das Kvarnbo Pensionat. Dazu gehören neben acht liebevoll eingerichteten Zimmern auch eine Kunstgalerie, eine historisch eingerichtete Weinstube sowie Martins Motorradwerkstatt, in der er die Marke „Indian“ pflegt. Man glaubt kaum, dass dieser sanfte Mann, der einem morgens noch das Frühstück serviert hat, mit seinen Rennmaschinen Geschwindigkeitsrekorde aufgestellt hat. Wenige Schritte entfernt befindet sich ein Badesteg, der die finnische Schrulle bestätigt, bizarre Rekorde wie das nördlichste Briefmarkenmuseum der Welt zu markieren. Dort steht einer von nur zwei Sprungtürmen der Åland-Inseln. Er hat die Höhe einer Haushaltsleiter.
Armut am Gräberfeld
Die Geschichten des Ehepaares erleichtern den Zugang zur Inselwelt und sie weisen auf Besonderheiten hin wie das winzige Holzhaus der Ida Jansson, die dort vor einem halben Jahrhundert nahe einem Gräberfeld aus der Eisenzeit lebte. Betritt man die Behausung, werden die aufgezeichneten Erinnerungen der alten Frau abgespielt, die hier ein armseliges und entrechtetes Leben führte. Die gesunden Kinder nahm man der Alleinerziehenden weg. Den behinderten Sohn ließ man ihr. Ella Grissner-Morgan erinnert sich, wie sie der verarmten Frau im Auftrag der Mutter Brot brachte. Noch heute atmet dieser Ort eine unerklärliche Schwere.
Am Hafen der Hauptstadt Mariehamn verweist die Viermastbark Pommern auf die große Zeit der Windjammer und die maritime Vergangenheit der Inseln. Auf Åland lässt sich aber auch gut Fahrrad fahren. Dann verschluckt einen die Landschaft buchstäblich. Bunte Bauernhäuser, Himmel, leuchtende Felder und grüne Wiesen verschmelzen zu einem Gemälde und man ist mittendrin. Wenig Verkehr, rücksichtsvolle Autofahrer und strikte Tempo-Limits erleichtern die Fahrten.
Stockholm – über die Ostsee nach Schweden
Die Überfahrt nach Schweden ist wieder ein Highlight unserer Ostsee Rundreise. Über weite Strecken erleben wir vom Schiff eine Kulturlandschaft, die sich dem Meer zugesellt und in der sich Lebensqualität durch die Nähe zum Wasser auszudrücken scheint. Vom Schuppen bis zum hochherrschaftlichen Palais, von der Blockhütte bis zum mehrstöckigen, modernistischen Bau mit seeseitigen Balkons für jede Wohnung werden hier alle Schichten bedient – Hauptsache nah am Wasser. Und wieder gleitet vor unserem Bullauge stetig ein Panorama vorbei, als wolle ein unbekannter Regisseur die kaum enden wollende Schönheit dieser ruhigen Landschaft in eine Abfolge bringen.
Zeitreise mit der Vasa
Stockholm besucht man am besten mit der S-Bahn und schläft außerhalb (Tipp: Best Western Hotel an der Messe). Dann vermeidet man Pkw-Maut und Parkgebühren. Besuchen sollte man das Vasa-Museum. Das gewaltige Kriegsschiff sank 1628 auf seiner Jungfernfahrt. Es ist nicht nur vollständig erhalten und gestattet uns einen Blick fast vierhundert Jahre zurück. Das Wrack steht auch für ein Lehrstück. Der schwedische König Gustav Adolf II hatte gegen fachlichen Rat ein weiteres Kanonendeck durchgesetzt. Das zusätzliche Gewicht machte die Vasa instabil. Sie sank noch auf der Jungfernfahrt.
Tipp: Wer vom Vasa-Museum mit der öffentlichen Fähre auf die Insel Skeppsholmen fährt, sollte das um die Mittagszeit tun. Im Museum für moderne Kunst warten nicht nur internationale Ausstellungen, sondern auch ein Restaurant mit einem großartigen Blick auf die größte Stadt Skandinaviens.
Südschweden – ein Ferienhaus am See
Wie bei einem Saunagang Gegensätze den Reiz ausmachen, befand sich die nächste Station neben einem See inmitten von Wäldern. Auf Tofvehults Boende kann man in kleinen, behaglichen Holzhäusern inmitten der schwedischen Natur übernachten, tagsüber im See schwimmen oder in Hängematten schaukeln und die Natur beobachten. Zu der gehörte auch eine große Ringelnatter, die sich aufrichtete, um das Gelände und uns besser sondieren zu können. Zwei Nächte verbrachten wir in der Natur – und in der Rückschau scheinen es viel mehr gewesen zu sein – so intensiv war die Zeit.
Eis, Sonnensschein und Sandstrand
Es ist der Alltag, der dem Leben im Norden immer wieder kleine Kronen aufsetzt. In südschwedischen Ahus, wo der Wodka „Absolut“ gebraut wird, zieht im Sommer der Duft von Gebackenem über den historischen Marktplatz. An einem Marktstand wird Eis in den noch warmen Hörnchen verkauft, das vorher noch in heiße Schokolade getaucht wurde. Wer mag, bekommt Erdbeersauce dazu. Der Platz ist bei Sonnenschein voller Menschen jeden Alters, die dem sündigen Vergnügen verfallen sind. In Yngsjö, unweit von Ahus, trafen wir auf weiße Meeresstrände, die mit Tischen und Bänken versehen waren für Familien, die picknicken wollten. Und im Restaurant der Fischräucherei kann man mittags so vorzüglich speisen wie sonst nirgends auf unserer Reise.
Wieder legte die Fähre frühmorgens ab – diesmal von Malmö nach Travemünde. Nicht nur, dass die Sonne schien und der Himmel gewohnt blau war. Wir kamen auch wieder ins Gespräch mit anderen Reisenden. Unser Schiff unterkreuzte die gewaltige Öresund-Brücke und jeder half dem Nachbarn, ein Erinnerungsfoto zu schießen. Der Norden ist eine Reise wert, dachten wir und nahmen uns vor, bald wiederzukommen. So glitten wir ruhig übers Meer zurück.
Tipps für die
Ostsee Rundreise
Anreise: Die Finnlines-Fähren verkehren täglich von Deutschland nach Finnland. Die Fahrt von Travemünde nach Helsinki dauert rund 30 Stunden. Mehrmals täglich verbinden Fähren von Finnlines die Åland-Inseln mit Finnland und Schweden sowie Malmö (Schweden) und Travemünde.
Unterkunft: Auch im Sommer lassen sich Unterkünfte oft spontann buchen. Selbst Hotelketten können mitunter überraschend preiswert sein. Ein Vergleich lohnt immer. Einfache Unterkünfte werden häufig nur mit Straßenschildern angezeigt.
Tipp für Autofahrer: Überschreiten Sie im Straßenverkehr nicht die Höchstgeschwindigkeit. Die Strafen sind drakonisch. Sucher Sie mittags Lounas (Lunch) Restaurants auf. Meist gibt es günstige Gerichte inklusive aller Getränke und Kaffee.
Über den Autor
Peter Pauls
Seit der ersten Finnland-Reise vor 40 Jahren pflegt der Journalist Peter Pauls die Leidenschaft für Land und Leute. Seine Frau Ulla und er lieben Reisen und die weite Welt.
Einige Jahre haben sie in Johannesburg/Südafrika gelebt, wo Ulla Schüller als Fotografin und Malerin und Peter Pauls als Auslandskorrespondent gearbeitet haben.