Finnische Sauna
Tradition, Regeln & Insider-Tipps
Gastbeitrag von Bernadette Olderdissen
Wusstest du, dass die finnische Sauna viel mehr ist als nur ein Ort zum Entspannen? Wir verraten dir, was die Sauna in Finnland so besonders macht, warum sie tief in der Kultur verwurzelt ist und wie du deinen eigenen Saunabesuch unvergesslich machst.
Die finnische Sauna-Kultur
Wer in Finnland nicht ordentlich geschwitzt hat, war nicht wirklich in Finnland. Das kann man zumindest behaupten über das Land mit rund 5,6 Millionen Menschen und etwa 3,3 Millionen Saunas. Gerne fassen die Finnen selbst ihre Heimat als „Sauna, Sisu und Sibelius“ zusammen und sind davon überzeugt, dass die Sauna in Finnland erfunden wurde (was viele Esten übrigens auch von ihrem Land behaupten). Feststeht, dass die finnische Saunakultur eine lange Tradition hat und in der Sauna einst gewaschen, Kinder geboren und Leichname zur Bestattung vorbereitet wurden.
Noch heute dient sie nicht nur zur Entspannung, sondern auch zur Problemlösung, für tiefe oder auch mal hitzige Gespräche und Geschäftstreffen – kurz gesagt, Schwitzen in Finnlands Saunas ist eine Lebensphilosophie. Und von kulturell so bedeutendem Wert, dass die finnische Saunakultur seit 2020 auf der Liste des UNESCO-Welterbes steht.
Im Folgenden verraten wir dir mehr über die finnische Saunakultur heute, darüber, was du für deinen Saunabesuch in Finnland wissen solltest und wie sich die finnische Sauna über die Jahrhunderte entwickelte. Und: Du bekommst Insidertipps zu den finnischen Lieblingssaunas der Autorin.
Geschichte der finnischen Sauna
Hast du bereits ordentlich auf Finnisch geschwitzt oder Lust darauf bekommen und fragst dich, wie und wann die finnische Sauna-Geschichte ihren Lauf nahm? Nun, verschiedene Quellen zu den Ursprüngen der finnischen Sauna sprechen von ersten „Schwitzhütten“, die es bereits in der Steinzeit gegeben haben soll! Natürlich schwitzten die Steinzeitmenschen noch nicht in schicken Holz- oder anderen -hütten mit Bänken, Saunaöfen und Aufguss. Sie begriffen jedoch, dass es Vorteile hatte, zum Löschen Wasser auf das Feuer in ihren Zelten zu schütten: Die Steine blieben noch lange heiß und die Zelte, in denen die Menschen lebten, dadurch gemütlich warm.
Neben der in kalten Monaten zum Überleben wichtigen Wärme diente der Rauch des Feuers auch zum Sterilisieren der Zelte. Das sollen jedoch nicht nur die nomadischen Urvölker des heutigen Finnland für sich entdeckt haben, sondern auch die Menschen anderer Kulturen. In vielen Ländern verschwand die frühe Saunakultur über die Jahrhunderte wieder, in anderen entwickelte sie sich weiter – in Europa insbesondere in Finnland.
Der Begriff „Sauna“ entstammt historischen Quellen zufolge den Samen, der Urbevölkerung Nordeuropas, die mit „Sauna“ von Vögeln im Schnee errichtete Höhlen bezeichneten. Anfänglich hätten die Samen es den Vögeln gleichgetan und ihre eigenen Saunas geschaffen, indem sie Löcher in die Erde oder in den Schnee buddelten. Die wurden dann mit Holz oder Tierfellen bedeckt. Als erste Art der Sauna, wie es sie noch heute in Finnland gibt, entstand schließlich vor vielen Tausend Jahren die „Rauchsauna“. Da sie keinen Schornstein hatte, sammelte sich im Inneren zunächst viel Rauch. Das heißt, vor der Nutzung musste lange gelüftet werden, die Steine im Inneren blieben aber noch lange heiß. Gerade auf dem Land entwickelte sich die Kultur des Saunierens einmal die Woche – gewöhnlich am Samstag – um sich dabei zu waschen.
Dank der wohligen Wärme in oft kaltem Klima wurde die Sauna aber auch zu einem beliebten Lebensmittelpunkt, wo sich die Menschen trafen, wo Frauen ihre Kinder gebaren und sogar Leichname für die Bestattung vorbereitet wurden. Die Sauna galt als besonders hygienisch und war leicht zu reinigen. Was früher Gebot war, trifft heute jedoch nicht mehr zu: Einst glaubten die Menschen nämlich an den „Saunatonttu“, den Sauna-Geist oder -Wichtel aus dem Jenseits. Vor allem in den Herbst- und Wintermonaten saunierte man kürzer und, wenn möglich, bei Hellem, um danach dem Saunatonttu die Sauna und eventuelle Speisereste zu überlassen.
Ob Sauna mit oder ohne „Tonttu“ – der Prozess, die Rauchsauna aufzuheizen, brauchte viele Stunden. Das passte irgendwann nicht mehr zu schnelllebiger werdenden Zeiten, in denen die Finnen „mal eben im Alltag“ saunieren wollten. Um sich dies zu ermöglichen, erfanden sie bereits ab dem 18. Jahrhundert Saunaöfen mit Schornsteinen und im 20. Jahrhundert die ersten Gas- und Elektroöfen. Die ließen sich vergleichsweise schnell aufheizen und zogen mit der Zeit in immer mehr finnische Häuser und Wohnungen ein. Denn was gibt es Schöneres, als zum Feierabend nicht nur ein Bier aufzumachen, sondern sich damit auch in die Sauna zu setzen, um die Strapazen des Tages auszuschwitzen?
Finnlands Saunakultur heute
„Möchtest du in die Sauna mitkommen?“ Wenn du in Finnland diese Frage hörst, solltest du sofort begeistert „Ja!“ schreien – auch, falls du daheim kein Fan des gemeinsamen Schwitzens bist. Von Finnen zum Saunieren eingeladen zu werden, ist nicht nur eine Ehre, sondern die Zusage wird insgeheim auch von ausländischen Besuchern erwartet.
Wer in Finnland über die Schwelle einer Sauna tritt, ist mittendrin im Alltagsleben und wird laut Meinung mancher Finnen selbst ein Stück „finnischer“ – erst recht im Winter, wenn du zwischendurch wie die meisten Einheimischen ein Eisbad wagst. Doch auch ohne Eisbad gehört der Saunagenuss ebenso zu Finnland wie der in Rovaniemi lebende Weihnachtsmann und Finnlands beständiger Platz auf der Liste der „Glücksweltmeister“.
Wohnst du bei Finnen zu Hause, ist die nächste Sauna oft nur wenige Schritte entfernt – viele Finnen haben nämlich eine eigene Sauna im Haus oder sogar in der Wohnung. Und wenn nicht, ist die Auswahl an beliebten und zum Teil außergewöhnlichen Saunas am Wohnort bestimmt nicht weit. Erst recht nicht, falls es dich nach Tampere verschlägt, in die „Saunahauptstadt der Welt“ mit über 70 öffentlichen Saunas, oder in die Gegend rund um Jyväskylä, die „Saunaregion der Welt“, mit stolzen 140.000 Saunas. Auch fast alle Hotels verfügen über eine Sauna (meist getrennt für Männer und Frauen) und es gibt sogar Hotelzimmer und Ferienwohnungen mit privater Sauna. Doch ein paar Dinge zum finnischen Sauna-ABC solltest du vorab wissen, um in kein Fettnäpfchen zu treten.
Regeln in der finnischen Sauna
Du stehst splitternackt mit großem Strandtuch überm Arm in der Sauna, drehst die Sanduhr um, deckst den Holzsitz unter Po und Füßen sorgfältig mit deinem Riesenhandtuch ab und deutest den mit-saunierenden Frauen und Männern durch böse Blicke oder ein „Psst“, stillzuschweigen … So geht Saunieren in Deutschland, aber in Finnland nicht!
Im Gegensatz zu Deutschland haben die Finnen keine wirklichen Sauna-Regeln, doch eine wichtige Frage dreht sich um das Thema nackt oder mit Badekleidung saunieren. Während Familien und Freunde beiden Geschlechts meist nackt in die Sauna hüpfen, geht dies in öffentlichen Saunas nur bei getrennten Damen- und Herren-Saunas. Bei gemischten Schwitzstätten trägt man hingegen Badekleidung.
Was dir außerdem sofort auffallen wird: Handtücher bleiben in der Nähe der Duschen liegen und kommen nicht mit in die Sauna. Stattdessen liegen vor den einzelnen Saunas eine Art größere Papierservietten aus, auf die man sich im Inneren setzt und die danach entsorgt werden. Sanduhren suchst du oft vergebens, denn die Finnen saunieren so lange, wie sie Lust haben und hören auf ihren Körper statt auf Uhren.
Viele Finnen mögen es richtig heiß und machen häufig Aufgüsse. Wer höflich sein möchte, fragt jedoch die anderen Saunierenden, ob sie mit den großzügigen Aufgüssen einverstanden sind. „Löyly“ heißt auf Finnisch der wohltuende Wasserdampf, der beim Aufguss entsteht – doch richtig übersetzen lässt sich das Wort, das auch den Geist oder die Seele der Sauna bezeichnet, nicht.
Hoffst du in der finnischen Sauna auf Stille, bist du dort fehl am Platz, denn die oftmals als zurückhaltend und schweigsam geltenden Finnen werden bei 90, 100 oder mehr Grad äußerst gesprächig. Da wird geplaudert, diskutiert und auch mal gestritten – erst recht, wenn geschäftliche Beschlüsse gefragt sind. Die lassen sich in Finnland nämlich viel besser nackt und schwitzend in der Sauna treffen als in Kostüm oder Anzug im Konferenzraum. Angeblich gibt es sogar im finnischen Parlament eine Sauna, wo sich die politischen Größen über die Weltpolitik streiten oder einigen.
Siehst du im Anschluss Menschen, die sich selbst oder gegenseitig mit einem Birkenquast (namens „Vasta“ bzw. „Vihta“) auspeitschen, keine Sorge – dies bedeutet nicht, dass eventuelle Sauna-Diskussionen in Gewalt ausarten. Die Birkenzweige sind vielmehr ein fester Bestandteil finnischer Saunas. Wer damit – möglichst sanft – seinen Rücken bearbeitet, soll im Nachhinein besonders geschmeidige Haut bekommen, ganz ohne teure Cremes oder Lotion.
Insidertipps: Die 3 finnischen Lieblingssaunas der Autorin
Egal, ob du kleine, gemütliche Holzsaunas im Wald vorziehst oder spektakuläre, weltweit einzigartige Schwitzkabinen wie die Sky Sauna in Helsinki (Saunieren während einer Fahrt mit dem Riesenrad!) oder eine Eis-Sauna in Lappland – du wirst in Finnland fündig. Die Autorin hat besonders viele Saunas dort besucht, wo es die größte Auswahl gibt, nämlich in der „Saunaregion der Welt Jyväskylä“. Auf ihre (immer länger werdende) Liste an Lieblingssaunas haben es dabei unter anderem die folgenden drei geschafft.
1. Das „Saunadorf“, Saunakylä
Südlich von Jyväskylä, bei Jämsä, steht nicht nur eine besondere Sauna, sondern ein ganzes Saunadorf, auf Finnisch „Saunakylä“. Dort sammelte und restaurierte der Einheimische Ilkka Silén über die Jahre 25 historische Saunagebäude bzw. Rauchsaunas – aktuell die größte Rauchsauna-Sammlung weltweit. Das älteste Gebäude ist von 1796. Du kannst vor Ort nicht nur über die Geschichte der Saunas und ihre frühere Bedeutung für die Menschen lernen, sondern in einigen der Saunas auch selbst saunieren.
Das Saunadorf steht jeden Samstag zwischen Juni und Ende August zum Besuch offen. Da es sich um eine gemischte Sauna handelt, ist Badekleidung Pflicht.
2. Tupaswilla, die größte Rauchsauna der Welt
Ein weiteres Sauna-Highlight der Region Jyväskylä heißt Tupaswilla und findet sich in dem kleinen Ort Laukaa. Tupaswilla gilt seit der Eröffnung 2004 als größte Rauchsauna der Welt mit Platz für 100 Personen. Ein Tipp für Frauen: Eine einzigartige Erfahrung ist der etwa einmal im Monat stattfindende „Peat Treatment“-Abend für maximal 100 Frauen.
Nachdem man sich in der Sauna aufgewärmt hat, bestreicht man Körper und Gesicht mit einer schwarzen Masse, die in Eimern bereitsteht: „Peat“. Sie ist eine Torf-Mischung und ein „Peat Treatment“, eine Art Moorbad, finnlandweit bekannt. Vollkommen in „Peat“ gekleidet geht es noch einmal 20 Minuten in die Sauna zurück, bevor der Aufstrich abgeduscht wird – und man noch in den See nebenan springen kann.
Die Anwendung soll etliche gesundheitliche Vorteile haben und u.a. bei Migräne, zur Desinfektion von Hautverletzungen und bei Schlafstörungen helfen. Da das Moorbad bei den Einheimischen sehr beliebt ist, empfiehlt es sich, im Voraus zu buchen (Kontaktaufnahme über die Website).
3. Sataman Viilu am See in der Stadt Jyväskylä
Sataman Viilu ist ein erst 2022 in der Stadt Jyväskylä errichtetes Saunagebäude mit Restaurant und wunderschöner Terrasse direkt am See Jyväsjärvi. Von zwei der drei Saunas blickt man über den See, wo in der warmen Jahreszeit Boote übers Wasser schippern und man im Winter Eisläufern oder Spaziergängern auf dem zugefrorenen See zuschauen kann.
Damit nicht genug, stehen draußen zwei Jacuzzis, ebenfalls mit Seeblick, und es gibt im Winter die Möglichkeit, ein Eisbad im eiskalten Seewasser zu nehmen – was bei den Einheimischen sehr beliebt ist. Tipp: Viele bringen dazu Neoprenschuhe und -handschuhe sowie eine Mütze mit. Da die Sauna von Sataman Viilu gemischt ist, ist auch dort Badekleidung Pflicht.
Über die Autorin
Bernadette Olderdissen ist eine freie Reisejournalistin und Schriftstellerin. Sie verfolgt in ihren beiden Heimaten Hamburg und Båtskärsnäs in Schwedisch-Lappland ihre drei beständigen Ziele: das Schreiben, das Leben am Meer und das Reisen. Für die Recherche zu ihrem Buch „Acht Jahreszeiten – Leben im Takt der Natur“ zog sie im Januar 2022 für ein Jahr in die Arktis, nach Schwedisch-Lappland, um alle acht Jahreszeiten (nach samischem Kalender) mitzuerleben. Nun ist sie eine richtige Schwedisch-Lappland Expertin.
Fähre Lübeck – Helsinki
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